Auf hebräisch heißt Friedhof Beth Chajim – Stätte der Lebenden, nach jüdischem Glauben ein Haus der Ewigkeit, das den Verstorbenen eine dauerhafte Ruhestätte sichern und auf „ewig“ nicht angetastet werden soll.
Juden lebten in Rödelheim bereits im Mittelalter: 1290 gewährte Rudolf von Habsburg dem Burggrafen von Rödelheim das Privileg, 6 Juden neben der Burg anzusiedeln und Handel treiben zu lassen. Die Entstehung der neuzeitlichen jüdischen Gemeinde geht ins 18. Jh. zurück, sie lebten im Bereich des Inselgässchens.

Im Mittelalter befand sich im Gebiet des „Seedamms“ der Rödelheimer Galgen, der auf den Resten eines Erdwalls stand, der den Westerbach auf einer Länge von ca. 900 m auf eine Breite von fast 25 m aufstaute. 1811 wurde auf diesem Gebiet eine Parzelle für den Friedhof der jüdischen Gemeinde vermessen und von dieser bezahlt, doch wurden dort schon im 18. Jh. Tote beerdigt. Um 1767 wurde zwischen der Gräflich Solms‘schen Verwaltung und der jüdischen Gemeinde ein Vertrag geschlossen, wonach es der jüdischen Gemeinde erlaubt war, eine „Kranken- und Begräbniskasse“ zu gründen. Der Verstorbene musste möglichst am gleichen Tag in einem einfachen weißen Leinengewand begraben werden, wobei ein Säckchen Erde aus Jerusalem mit ins Grab gelegt wurde.
Hier wie auf allen jüdischen Friedhöfen sind die Gräber nach Südosten ausgerichtet. Der Tote wird mit dem Gesicht in Richtung Jerusalem bestattet. Dort wird nach alter Überlieferung am Ende der Tage, wenn der Messias kommt, die Auferstehung der Toten stattfinden. Ein Jahr später wird die Mazewa, der Grabstein, errichtet und symbolisiert die Verpflichtung, Verstorbene nicht zu vergessen.
Trotz Schändungen sind auf dem Alten Jüdischen Friedhof noch 44 Gräber zu erkennen, von 37 kennen wir die Namen und z.T. die Familiengeschichten. Manche Steine sind zerfallen, andere im Sand versunken, manche mutwillig zerstört.
Im ältesten Grab (15) liegt Aaron, Sohn des Jizhak, gestorben 11.11.1742
Der Drucker und Finanzplaner Baruch Mayer Baschwitz (1765-5.9.1836) liegt Nr. 32
Zusammen mit dem Gelehrten Wolf Heidenheim (1757-23.2.1832) gründete er 1789 die „orientalische und occidentalische Buchdruckerey“, die bis 1938 bestand und zum Verlag der wichtigsten Autoren der Haskala (jüd. Aufklärung) und der Emanzi-pation wurde (24).
Grab Nr. 38 gehört Israel Lehrberger (1791-30.10.1841), der nach dem Tod Heidenheims Verlag und Druckerei fortführte und modernisierte. Er war auch Vorsteher der Schule und der Gemeinde und bewirkte den Neubau der Synagoge 1837.
Das letzte (identifizierbare) Begräbnis war am 30.1.1848 für Lazarus Scheuer (geb.1799) (Nr. 43).
Ab 1838 bemüht sich die jüdische Gemeinde um einen neuen Friedhof, weil der alte die wachsende Gemeinde nicht mehr aufnehmen konnte. 1849 wurde das Grundstück am neuen Friedhof in der Westerbachstr. eingefriedet und ging ins Eigentum der israelitischen Gemeinde über.


Ab Mitte der 70er Jahre des 19. Jhds. wurde der „neue“ – christliche- Rödelheimer Friedhof in der Westerbachstr. belegt, nachdem der „alte“ an der Knabenschule in der Assenheimer Str. geschlossen wurde.
Ab 1937 wurde dann ein Teil des Friedhofs in den neuen Rödelheimer Friedhof einbezogen, d.h. die jüdische Gemeinde musste das Gelände hergeben. 1942/ Anfang 1943 wurde der jüdische Friedhof an der Westerbachstr. „abgeräumt“ und die Grabsteine auf den jüdischen Friedhof an der Battonstr. verfrachtet. Dort wurden sie zu Haufen aufgeschichtet und mit rund 7000 Grabsteinen von anderen Frankfurter jüdischen Friedhöfen zertrümmert. Die Bombardierung Frankfurts verhinderte die restlose Zerstörung. 175 Steine wurden vom damaligen Leiter des Historischen Museums nach historischen und künstlerischen Gesichtspunkten aussortiert, auf den Friedhof an der Rat-Beil-Str. gebracht und dort gelagert. 14 Grabsteine des Rödelheimer Friedhofs sind heute dort aufgestellt. In Rödelheim erinnern zwei Stelen an den vormaligen Friedhof.
Dr. Eilika Emmerlich (Heimat- und Geschichtsverein)
Quelle: Beiträge zur Rödelheimer Geschichte 4: Geschichte und Geschichten um den Alten Jüdischen Friedhof in Rödelheim von Hans Dieter Schneider. Erhältlich für 12 Euro bei Pappmarché, Alexanderstr. 27