Geboren wird Albert N. Simmedinger 1910 im Arbeiterstadtteil Riederwald. Seine Kindheit und Jugend sind geprägt von den Aktivitäten der Arbeiterorganisationen und der pazifistischen Grundhaltung seines Vaters. Nach abgeschlossener Mittlerer Reife absolviert er eine Lehre als Techniker bei einer Telefongesellschaft. Für seinen Wunsch, Flugmotorenmechaniker zu werden, können die Eltern das geforderte Lehrgeld nicht aufbringen. Nach der Lehre wird er arbeitslos und tritt 1931 in die KPD ein. 1934 übernimmt er völlig unvorbereitet für die inzwischen im Untergrund agierende Partei die Funktion eines Kuriers und wenig später die politische Leitung des Unterbezirks Frankfurt der KPD. Im Februar 1935 wird er gemeinsam mit anderen Mitgliedern der Partei von der Gestapo verhaftet und in dem folgenden Prozess wegen Hochverrats zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt, die er im Zuchthaus Kassel-Wehlheiden in den ersten drei Jahren in strenger Einzelhaft verbringen muss. Danach bekommt er in der Haftanstalt die Aufgabe eines Elektrikers und kann dadurch auch innerhalb der Haftanstalt im Widerstand wirken.
Nach Verbüßung seiner Zuchthausstrafe wird er 1941zur Gestapo nach Frankfurt und nach dem Vorwurf des illegalen Literaturvertriebs in der Haftanstalt Kassel-Wehlheiden direkt in das Konzentrationslager Sachsenhausen verbracht. Den Todesmarsch der Häftlinge überlebt er »durch Zufall und Glück« und erlangt seine Freiheit im April 1945 in der Nähe von Schwerin. Über die Zeit im Konzentrationslager sagt er: »… ohne die Solidarität der Menschen, vor allen Dingen meiner Genossen, hätte ich nicht überlebt.«
Nachdem er sich von einem, wie er später erfährt, Herzinfarkt während des Todesmarsches erholt hat, kehrt er nach Hessen zurück und übernimmt zunächst die Verwaltung eines Erholungsheims für herzkranke Verfolgte in Bad Salzhausen, das von einem Schweizer Hilfskomitee finanziert wird. Im Anschluss daran arbeitet er als öffentlicher Ankläger bei der Entnazifizierung in den Spruchkammern Friedberg, Frankfurt und Wiesbaden, gibt diese Tätigkeit jedoch frustriert auf, da er feststellen muss, dass der politische Wille zur Verfolgung ehemaliger Nazis fehlt. Mit einem ihm gewährten Aufbaudarlehen gründet er in Rödelheim ein Hotel.
Als Mitglied der nach dem Krieg gegründeten Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) engagiert er sich ab 1953 ehrenamtlich als Sozialbetreuer in der Beratung und später als Klägervertreter vor den Entschädigungsbehörden für die Belange ehemaliger Verfolgter. In den 17 Jahren seiner Tätigkeit betreut er ca. 5000 Entschädigungsverfahren und arbeitet an alternativen Gesetzesentwürfen der VVN zur Entschädigungsgesetzgebung mit. Seine Arbeit für die VVN endet 1970 abrupt, da er nach einem politischen Streit über den Einmarsch des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei 1968 aus der VVN ausgeschlossen wird. Bereits 1948 hat er die KPD verlassen: »Ich bin seit 48 nicht mehr organisiert. Weil ich den Weg der Stalinisten nicht für gangbar halte. Autoritäre Barbarei lieb ich nicht. Ich liebe freie Entscheidungen der Menschen, die auch mal Fehler machen können, aber frei entscheiden können und dann aus ihren eigenen Fehlern lernen können.«
1986 entscheidet sich Albert N. Simmedinger zur Mitarbeit in der Gruppe Stadtteilerkundung und wirkt an vielfältigen Projekten mit. Sein Leben ist geprägt durch den aufrechten Gang eines Widerständigen, der freies Denken und Solidarität in den Mittelpunkt seines Handelns gestellt hat. Albert N. Simmedinger stirbt im Dezember 1995.