Edith Froehlich, geb. Stern

Familie Stern

Die einjährige Edith Stern mit Mutter Elly.1924

Edith Froehlich wird am 13. März 1923 als einziges Kind von Arthur und Selma Stern in Rödelheim geboren. Sie besucht den Evangelischen Kindergarten, dann die Radiloschule in Rödelheim und wechselt anschließend an das jüdische Gymnasium Philantropin. Während sie ihre Kindheit sehr unbeschwert erlebt, verändert sich das Leben der Familie nach der Machtübernahme der Nazis immer einschränkender. Ihren Wunsch, eine Kunstgewerbeschule zu besuchen, muss sie 1937 aufgeben. Mit dem Besuch der jüdischen Haushaltungsschule soll sie sich ab 1937 auf die Emigration vorbereiten.

Edith Stern im Kindergarten Wehrhof 1929 1. Reihe 3. von links
Edith Stern Mitte in Schweden 1939

Die Angriffe in der Pogromnacht 1938, in der u.a. ihr Vater Arthur Stern vor ihren Augen verhaftet und ins Konzentrationslager Buchenwald verschleppt wird, führen zu der Entscheidung, dass Edith so schnell wie möglich in Sicherheit gebracht werden soll. Im Juni 1939 kann sie mit einem der letzten Kinderhilfstransporte nach Schweden ausreisen. Dort lebt sie mit anderen jüdischen Kindern und Jugendlichen aus Deutschland und Österreich in einem Heim in Fallun. Eigentlich ist vorgesehen, dass sie von dort aus nach Palästina weiter wandern soll. Doch ihren Eltern gelingt 1940 die Ausreise in die USA und so wird entschieden, dass Edith ihren Eltern nach Buffalo folgen soll.

Im November 1940 beginnt für die inzwischen 17jährige eine lange, aufregende Reise über Moskau, Wladiwostok, Japan und Kanada in die USA zu ihren Eltern nach Buffalo. Ihre Aufgabe auf dieser Reise ist es, zwei jüdische Kinder (ein österreichisches Geschwisterpaar) sicher in die USA zu begleiten. Im Januar 1941 trifft Edith nach über anderthalb Jahren endlich wieder mit ihren Eltern zusammen und beginnt in Buffalo ihre neue Zukunft.

Walter und Edith Froehlich 1946

Ihren späteren Mann Walter Froehlich lernt sie über einen Briefkontakt kennen. Er musste, wie Edith selbst aus seiner Heimatstadt Eisenberg emigrieren und kämpft nun als deutschstämmiger US-Soldat zunächst in Frankreich und dann in Deutschland. Seinen Eltern gelingt die Flucht vor den Nazis nicht. Sie werden verhaftet, deportiert und ermordet.

Edith und Walter schreiben sich über drei Jahre Briefe, bevor sie sich treffen können. Sie heiraten im Jahr 1946 und werden Eltern von drei Kindern: William (Bill), Carol und John.

Im Sommer 1979 besucht Edith Froehlich in Begleitung ihres Mannes und ihres Sohnes Bill zum ersten Mal wieder Rödelheim. Dieser erste Besuch hinterlässt bei ihr keine guten Gefühle. Nichts erinnert an die frühere jüdische Gemeinde, die jüdischen Gräber auf dem Friedhof sind abgeräumt, nur ein Stein erinnert daran, dass dort früher einmal eine jüdische Begräbnisstätte war. Es gibt keinen Ort, an dem der Verfolgung und der Opfer des Holocaust gedacht wird. Edith steht vor ihrem ehemaligen Elternhaus, doch sie fühlt sich nicht willkommen, sie fühlte sich eher an die feindselige Atmosphäre der Nazizeit erinnert.

Im Jahr 1987 gibt sie einem Fernsehsender in Buffalo ein Interview, in dem sie ihre Geschichte und die ihrer Eltern erzählt. Hier spricht sie auch über ihre Eindrücke dieses ersten Besuchs in Rödelheim.

In diesem Jahr beginnt ebenfalls der Briefkontakt mit der Gruppe Stadtteilerkundung in Rödelheim, die an der Dokumentation 12 Jahre Rödelheim 1933-1945 arbeitet.

Edith und Bill Froehlich vor dem Haus Alt Rödelheim 12 im Jahr 2010

Bei ihrem zweiten Besuch in Rödelheim 1991 kommt es zu ersten persönlichen Begegnungen mit den Mitgliedern der Gruppe Stadtteilerkundung, den Pfarrer*innen der Cyriakusgemeinde und Rödelheimer*innen im Rahmen der Ausstellung des Jüdischen Museums: Die vergessenen Nachbarn – Juden in Rödelheim, die zu diesem Zeitpunkt in der Stadtteilbibliothek zu sehen ist. Es entwickelt sich ein enger freundschaftlicher Kontakt zu ihr und ihrer Familie.

Edith-Besuch Alt Rödelheimn 12 am 28.08 2010

Weitere zwei Mal besucht sie Rödelheim in Begleitung ihres Sohnes Bill. Im Jahr 2010 richtet der Ortsbeirat 7 einen offiziellen Empfang für sie aus. Sie selbst freut sich sehr darüber, dass sich damals mit dem Verein Zusammen e.V. junge Menschen in ihrem ehemaligen Elternhaus aktiv dafür einsetzten, dass sich Antisemitismus, Rassismus, Verfolgung und Vertreibung von Menschen aus Deutschland nicht mehr wiederholen dürfen. Mit ihren Gesprächen baut sie Brücken hinweg über die unauslöschlichen Verbrechen der Nazizeit, denen ihre Tante, ihr Onkel und ihre Cousine zum Opfer fielen.

Edith Froehlich stirbt am 19. November 2014. Wer sie bei ihren Besuchen in Rödelheim kennengelernt hat, behält einen wunderbaren, interessiert offenen, toleranten, herzlichen, klaren und fröhlichen Menschen in Erinnerung.

Quellen:

  • Archiv der Gruppe Stadtteilerkundung in der Evangelischen Cyriakusgemeinde
  • Froehlich, Edith, Video-Interview, US Holocaust Memorial Museum, Research Center Buffalo, 1987
  • Rettet wenigstens die Kinder, Hrsg. Angelika Rieber, Till Liebherz-Groß, Fachhochschulverlag, 1918 Frankfurt

Fotos:

  • Familie Froehlich, Heiko Lüßmann